„Pygmalion“ von englischsprachigen Schauspielern an der WKS aufgeführt

Schüler des beruflichen Gymnasiums und der Fachoberschule erlebten die bekannte Komödie von George Bernard Shaw

„Das war ein interessantes Schauspiel, das uns ein englischsprachiges Theaterstück in ungewohnter Weise dargeboten hat!“ Die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 11 bis 13 des beruflichen Gymnasiums (BG) sowie der 12. Klasse der Fachoberschule (FOS) an der Wilhelm-Knapp-Schule (WKS) Weilburg waren von der Aufführung der Komödie „Pygmalion“ des irischen Schriftstellers George Bernard Shaw (26.07.1856 – 02.11.1950) durch sogenannte „Native Speaker“ (Muttersprachler) begeistert. Die angehenden Abiturienten und Fachoberschulabsolventen erlebten die Aufführung des bekannten Theaterstücks in einer Inszenierung des „White Horse Theatre“.

George Bernard Shaw, der am 26. Juli 1856 im irischen Dublin geboren wurde und am 2. November 1950 in Ayot Saint Lawrence in England verstarb, war ein irischer Dramatiker, Politiker, Satiriker, Musikkritiker und Pazifist, der 1925 den Nobelpreis für Literatur und 1939 den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch erhielt. Sein Theaterstück „Pygmalion“ erlebte am 16. Oktober 1913 im Wiener Burgtheater in der Übersetzung von Siegfried Trebitsch seine Welturaufführung. 1956 entstand aus dem Stoff das Musical „My Fair Lady“, das 1964 mit Audrey Hepburn und Rex Harrison in den Hauptrollen erfolgreich verfilmt wurde.

Es war für die Schülerinnen und Schüler faszinierend, das Stück in der Aula der WKS von Muttersprachlern in Englisch zu erleben und sie empfanden es als äußerst motivierend, wie gut sie den Dialogen folgen konnten. Die englische Theatergruppe des „White Horse Theatre“, dessen Direktor Peter Griffith ist, reist durch Europa und präsentiert unter dem Motto „Learn English through theatre“ Theaterstücke für unterschiedliche Niveau- und Altersstufen an Schulen, um so den Schülerinnen und Schülern Einblicke in die englische Sprache zu vermitteln.

„Pygmalion“ erzählt die Geschichte des Professors Henry Higgins, eines selbstherrlichen Sprachwissenschaftlers, der wettet, dass er der armen Blumenverkäuferin Eliza Doolittle den sprachlichen Akzent und die Umgangsformen der feinen Londoner Gesellschaft so beibringen könne, dass sie glaubwürdig als Herzogin durchgehen würde. Bei einer Botschafter-Party gibt er sie später erfolgreich als Herzogin aus. Da sie von Higgins aber lediglich wie eine Dienstmagd behandelt wird, verlässt sie ihn schließlich.

In dem Londoner Bezirk Covent Garden treffen während eines heftigen Regens Colonel Pickering (Joseph Mattingley), der Sprachwissenschaftler Professor Henry Higgins (Teague Selmon) und die Blumenverkäuferin Eliza Doolittle (Tamara Phoenix), welche nicht nur äußerlich, sondern auch aufgrund ihrer vulgären Sprache erkennbar zur armen Gesellschaftsschicht gehört, zufällig aufeinander. Als sich Higgins, der aufgrund des Dialektes die Herkunft eines Menschen bestimmen kann, über Eliza Notizen macht, kommen er und Pickering ins Gespräch. Im Verlauf der Unterredung behauptet der Professor, das Blumenmädchen in drei Monaten so zu schulen, dass man sie für eine Herzogin hält und bietet dem Colonel eine Wette an.

Eliza, die nur verstanden hat, dass sie, wenn sie ordentliches Englisch lernt, in einem richtigen Blumenladen arbeiten könne, kommt am nächsten Tag zu Professor Higgins, um bei ihm Sprachunterricht zu nehmen. Dieser zögert zunächst, als die „Straßengöre“ bei ihm auftaucht, sieht dann aber eine Möglichkeit, sein Können unter Beweis zu stellen und dieses Colonel Pickering, der ebenfalls anwesend ist, zu demonstrieren. Eliza muss sich nun umziehen, gründlich waschen und erlebt erstmals, was reiches und luxuriöses Leben bedeutet.

Als weitere Darstellerin zählt noch Sadie Townsend zum vierköpfigen Ensemble. Sie tritt in verschiedenen Rollen auf und verkörpert dabei unter anderem auch Mrs Higgins, die Mutter des Professors. Als sie Gäste empfangen will, platzt ihr Sohn unangemeldet herein und berichtet seiner Mutter, dass er vor etwa einem Monat „ein einfaches Blumenmädchen“ zu sich genommen und gewettet hat, ihre Sprache und ihr Benehmen gesellschaftsfähig zu machen. Als Probelauf hat er Eliza daher zu seiner Mutter eingeladen. Als Eliza eintrifft, unterhält sie sich zunächst mit den anderen Gästen gekonnt über das Wetter, verfällt dann jedoch in alte Gewohnheiten und berichtet von ihrem Verdacht, dass ihre Tante „abgemurkst“ wurde, und von ihrem alkoholabhängigen Vater. Henry Higgins gibt ihre Bemerkungen als „neue Art von Plauderei“ aus. Nachdem Eliza und die anderen Gäste gegangen sind, fragt Higgins‘ Mutter besorgt, was mit Eliza geschehen werde, wenn das „Projekt“ zu Ende sei. Weder der Professor noch der ebenfalls anwesende Pickering verstehen die Frage bzw. haben sich nicht mit der Thematik auseinandergesetzt und wimmeln sie ab.

Schließlich gelingt es Henry Higgins Eliza das Auftreten einer Dame der High Society zu vermitteln. Auf einer Gartenparty der feinen Gesellschaft erkennt niemand die wahre Herkunft Elizas und sie wird für eine Adlige gehalten. Damit hat Higgins seine Wette gewonnen. Als sie von der Party zurückkommen, feiern er und Pickering ihren Erfolg, während Eliza nur still am Rand steht, keinerlei Beachtung findet und auch keine Würdigung ihrer Leistung erfährt. Dagegen lässt Higgins seiner Freude über das Ende des Experiments freien Lauf: „Gott sei Dank, es ist vorbei!“

Higgins und Pickering gehen zu Bett, doch der Professor kehrt noch einmal zurück. Eliza macht Higgins lauthals Vorwürfe und unterstellt ihm, er habe sie nur für sein Experiment gebraucht, nun aber sei sie wertlos für ihn. Der Phonetik-Experte versucht sie auf herablassende Weise zu beruhigen und sagt ihr, sie könne ja heiraten oder einen Blumenladen eröffnen und geht anschließend ins Bett.

Als sie am nächsten Morgen Elizas Bett unberührt vorfinden, eilen Higgins und Pickering zur Mutter des Professors. Higgins würde Eliza gern bei sich behalten, zwar nicht aus Zuneigung oder von Gefühlen geleitet, sondern weil sie inzwischen für seinen Tagesablauf und seine Ordnung unentbehrlich erscheint. Mrs Higgins wirft ihrem Sohn vor, nach Eliza wie nach einem „verlorenen Regenschirm“ zu suchen. Schließlich informiert sie ihren Sohn darüber, dass sich das Mädchen bei ihr befindet. Strahlend und selbstbewusst tritt Eliza ein und spricht ausschließlich mit Pickering. Dieser habe sie im Gegensatz zu Higgins immer gut und menschlich behandelt, nur durch sein Beispiel habe sie gelernt, eine Dame zu sein. Nachdem Pickering und Mrs Higgins gegangen sind, kommt es noch zu einem abschließenden Gespräch zwischen ihr und dem Professor. Auf die Frage hin, was aus ihr werden solle, droht sie, als Aussprachelehrerin tätig zu werden und diese Drohung trifft Higgins. Am Ende verlässt sie den Professor, der allein zurückbleibt.

Die vier jungen Schauspieler, Tamara Phoenix (Eliza), Teague Selmon (Higgins), Joseph Mattingley (Pickering) und Sadie Townsend (Mrs Higgins, Higgins Haushälterin Mrs Pearce und andere) bestachen nicht nur durch ihr sauberes britisches Englisch, sondern auch durch eine hervorragende Darstellungskunst. Allen voran die aus London stammende Tamara Phoenix vermittelte glaubhaft ihre Wandlung von einem ordinären Straßenmädchen zur Dame der gehobenen Gesellschaft. Auch Teague Selmon, der in Salisbury beheimatet ist, verkörperte den selbstverliebten Phonetik-Experten Professor Henry Higgins perfekt. Er hatte in Joseph Mattingley, der aus Oxford stammt und Colonell Pickering darstellte, den idealen Partner bei ihren Gesprächen über Linguistik sowie der Ausbildung Elizas. Sadie Towsend aus dem englischen Bedford gelang es im Laufe des Stückes immer wieder in andere Charaktere zu schlüpfen und deren Besonderheiten in ihrem Spiel zu vermitteln.

Im Anschluss an die Aufführung standen die Akteure, denen eine persönliche Interaktion mit dem Publikum besonders am Herzen lag, den Schülerinnen und Schülern noch für Gespräche und Rückfragen zur Verfügung. Die Weilburger Gymnasiasten und Fachoberschüler nutzen ausgiebig die Gelegenheit, sich mit den vier Darstellern auszutauschen und Fragen zu stellen. So erfuhren die Jugendlichen nicht nur einiges über den Werdegang der Schauspieler, sondern auch über die Entstehung des „White Horse Theatre“ und die Herkunft dieses Namens.

Das „White Horse Theatre“ ist ein professionelles englischsprachiges Tourneetheater, das 1978 von Peter Griffith, einem englischen Schauspieler, Schriftsteller, Regisseur und Musiker, gegründet wurde. In den ersten Jahren hatte das Theater seinen Sitz im südwestenglischen Somerset. Da Peter Griffith zuvor fünf Jahre lang Erfahrungen als Lehrer gesammelt hat, lag der Schwerpunkt der Gruppe auf pädagogischem Theater. 1980 wurde das „White Horse Theatre“ von der britischen Armee in die Bundesrepublik eingeladen, um dort an britischen Schulen zu spielen. Während dieser Tournee stellte sich heraus, dass auch viele deutsche Schulen an englischsprachigem Theater interessiert sind und so spielte das Theater im Lauf der Zeit an immer mehr deutschen Schulen. Aber auch Gemeindezentren, Schauspielhäuser und andere öffentliche Einrichtungen in Deutschland sowie in weiteren europäischen Ländern sind Spielstätten und auch in asiatischen Ländern ist die Schauspieltruppe aktiv. 1985 zog Peter Griffith wegen seiner deutschen Frau nach Nordrhein-Westfalen und so ist das Theater jetzt in Soest beheimatet. Als die Nachfrage nach Aufführungen weiter stieg, gab Peter Griffith die eigene Schauspielerei auf. Heute schreibt er Theaterstücke, veröffentlicht Bücher, führt Regie und organisiert die Tourneen. Das Programm ist sprachlich und inhaltlich vier Altersstufen angepasst – Grundschule, Unterstufe, Mittelstufe sowie Oberstufe und Erwachsene – und vermittelt neben Spaß an der Sprache auch soziale Botschaften.

Organisatoren der Veranstaltung in Weilburg waren die Englischlehrkräfte der WKS, die das Projekt initiiert und die Theatertruppe engagiert hatten. Die Pädagoginnen und Pädagogen hatten die Schülerinnen und Schüler im Unterricht auf die Aufführung vorbereitet, so dass es eine erfolgreiche jahrgangs- und schulformübergreifende Gesamtveranstaltung für die Klassen des BG und der FOS wurde, die den Englischunterricht um eine abwechslungsreiche, lehrreiche und unterhaltsame Variante bereicherte.

 

Comments are closed.