Der Landkreis Limburg-Weilburg und die Weilburger Schule als gemeinsame Veranstalter
Malerische Berge, ein blaues Gewässer und herrliches Wetter – ein idyllisches Bild. Doch im Vordergrund sind drei Frauen zu sehen, die schwere, gefüllte Körbe auf ihren Köpfen tragen. Unter dem Bild steht in großer weißer Schrift: „Die einen schuften, andere verdienen.“ Und darunter die Frage: „Wohin geht die Reise beim Fairen Handel?“
Es ist die Auftaktfolie eines Vortrags, den der Sachbuchautor, Journalist und Nachhaltigkeitsexperte Frank Herrmann in der Aula der Wilhelm-Knapp-Schule (WKS) Weilburg vor Schülerinnen und Schülern des „Beruflichen Gymnasiums“ (BG) hielt. Die Präsentation, verbunden mit einer Ausstellung in der WKS, fand im Rahmen der „Fairen Woche“ statt. Die „Faire Woche“ ist eine Aktion, die das Forum Fairer Handel e. V. in Kooperation mit TransFair e. V. und dem Weltladen-Dachverband e. V. veranstaltet. Die Organisation der Aktionen vor Ort übernehmen Weltläden, lokale Aktionsgruppen, Kommunen, Schulen oder auch Privatpersonen.
Der Vortrag von Frank Herrmann wurde vom Landkreis Limburg-Weilburg, der im vergangenen Jahr durch den Verein TransFair e.V. die Auszeichnung als „Fairtrade-Landkreis“ erhielt, in Zusammenarbeit mit der Wilhelm-Knapp-Schule in ihrer Funktion als Umweltschule geplant und durchgeführt. Seitens des Landkreises Limburg-Weilburg waren der Erste Kreisbeigeordnete und stellvertretende Landrat Jörg Sauer (SPD) und sein persönlicher Referent, Diplom-Verwaltungswirt Florian Stupinsky, in Kooperation mit Umweltlehrer Andreas Bader von der WKS federführend für die Organisation der Veranstaltung verantwortlich.
„Wenn wir es nicht schaffen, faire Bedingungen zu schaffen, gelingt es auch nicht, andere Probleme zu lösen!“ Mit einem Zitat des „Club of Rome“ (einem Zusammenschluss von Experten verschiedener Disziplinen aus mehr als 30 Ländern, der 1968 gegründet wurde und sich als gemeinnützige Organisation für eine nachhaltige Zukunft der Menschheit einsetzt), führte der Erste Kreisbeigeordnete Jörg Sauer in die Thematik ein, nachdem zuvor WKS-Schulleiterin Dr. Ulla Carina Reitz die Veranstaltung eröffnet und die besondere Bedeutung eines fairen und nachhaltigen Umgangs miteinander in den Blickpunkt gerückt hatte. Die Oberstudiendirektorin zeigte sich erfreut, dass die WKS als Umweltschule einen Beitrag zur „Fairen Woche“ leisten könne und dankte Jörg Sauer und Florian Stupinsky, aber auch ihrem Kollegen Andreas Bader für die Planung und Durchführung der Veranstaltung.
Auch Jörg Sauer würdigte die gute Kooperation mit der Schule bei der Vorbereitung des Projekts. Im Hinblick auf die aktuelle Situation mit steigender Erderwärmung, zunehmenden Naturkatastrophen und wachsenden Bedrohungen durch Viren verwies der stellvertretende Landrat darauf, dass endlich ein Umdenken erfolgen müsse und faire sowie nachhaltige Lebensbedingungen für alle geschaffen werden, damit die Welt auch für spätere Generationen noch lebenswert bleibt.
In seinem Vortrag berichtete Frank Herrmann über den Kaffeeanbau in Guatemala. Kaffee spiele in dem südamerikanischen Land eine zentrale Rolle, da ein Großteil der Bevölkerung vom Kaffeeanbau lebt. Vielfach bleibt für die Kaffeebauern jedoch kaum genug übrig, um nur die Grundbedürfnisse abzudecken. Der in Offenburg beheimatete Frank Herrmann lebte längere Zeit im Dorf Tzampetey, das in einer Kaffee-Anbauregion am Atiltlán-See liegt. Er stellte das Leben der Kleinbauern in dieser Region vor, die unter schwierigsten Bedingungen gelebt und gearbeitet haben, denen es aber inzwischen gelungen ist, dank fairer Handelsabkommen, dass ihr Kaffee als „Fairtrade-Produkt“ verkauft wird und sie so zumindest etwas mehr verdienen als zuvor.
Als weiteres Beispiel präsentierte Frank Herrmann die Kakaoproduktion. Die Elfenbeinküste in Westafrika ist der größte Kakaoproduzent weltweit, aber die Arbeitsbedingungen sind sehr hart und es kommt häufig zu Kinderarbeit, um die Anpflanzung und Kakaoernte zu bewältigen. Die Kinder müssen von klein auf mitarbeiten, erhalten dadurch keine Schulausbildung und haben somit auch kaum Möglichkeiten sozial aufzusteigen. Auch hier helfen nur Abkommen zum „Fairen Handel“, um diesen Kreislauf zu durchbrechen, betonte der Referent.
„Fairer Handel – was ist das eigentlich?“ Auch auf diese Frage ging Frank Herrmann in seiner Präsentation ein. Das „Fairtrade-Produktsiegel“ weist darauf hin, dass die Ware fair – also zu angemessenen Preisen – gehandelt wird, bei denen auch an die Kleibauern angemessene Gelder gezahlt werden, sagt jedoch nichts über die Arbeitsbedingungen bei der Ernte und Weiterverarbeitung aus. Die „World Fair Trade Organisation“ zertifiziert dagegen ganze Unternehmen und bescheinigt ihnen neben „fairer Ware“ auch einen „fairen Produktionsablauf“.
Was kann der Verbraucher machen? Frank Herrmann sagte, dass es einerseits der Verbraucher nicht allein richten kann, sondern in der Politik und Wirtschaft ein Umdenken erfolgen müsse, um weltweit zum „Fairen Handel“ zu gelangen. Aber der Verbraucher könne seinen Beitrag zu diesem Umdenken leisten, indem er bei seinen Einkäufen auf „Faire Produkte“ achte, die beispielsweise in Weltläden zu erhalten seien, und bereit sei, dafür ggf. etwas mehr zu bezahlen. Zum „Fairen Handel“ zähle aber auch der Kauf regionaler Waren, um die einheimischen Produzenten zu unterstützen und lange Lieferketten, die unnötig Geld kosten, zu durchbrechen.
„Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch anwenden; es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun.“ Mit einem Zitat des Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe aus „Wilhelm Meisters Wanderjahre“ beendete Frank Herrmann seinen Vortrag und beantwortete anschließend noch zahlreiche Fragen der interessierten Schülerinnen und Schüler.
Der Landkreis Limburg-Weilburg wurde im letzten Jahr als „Fairtrade-Landkreis“ ausgezeichnet. Um diese Auszeichnung zu erhalten, so ist einer Pressemitteilung des Kreises zu entnehmen, müssen fünf Kriterien erfüllt werden:
Grundlegend für eine Bewerbung ist ein Beschluss des Kreisausschusses. Zur Untermauerung muss fortan außerdem bei allen Sitzungen in der Kreisverwaltung fair gehandelter Kaffee sowie ein weiteres Fairtrade-Produkt angeboten werden. Im zweiten Schritt muss eine sogenannte lokale Steuerungsgruppe gebildet werden, die das kontinuierliche Engagement der Kommune fördert. Ganz wichtig für eine erfolgreiche Bewerbung des Landkreises ist es drittens, dass in einer bestimmten Anzahl von Einzelhandelsgeschäften und Gastronomiebetrieben faire Produkte angeboten werden. Weiterhin müssen sich im Landkreis eine Schule, ein Verein und eine Kirchengemeinde der Fairtrade-Idee verschreiben. Das fünfte Kriterium betrifft die Öffentlichkeitsarbeit.
Das System Fairtrade hat eine Welt zum Ziel, in der alle Kleinbäuerinnen und -bauern sowie Arbeiterinnen und Arbeiter über existenzsichernde Lebensgrundlagen verfügen, ihre Potentiale entfalten und ihre Zukunft selbstbestimmt gestalten können.
Über gerechtere Handelsbedingungen, demokratisch verfasste Interessenvertretungen, mehr finanzielle Unterstützung, Weiterbildungsangebote und bessere Marktzugänge können Produzenten aus sogenannten Entwicklungsländern ihre Ziele aus eigener Kraft erreichen. Ihre Armut wird der globale Handel nur dann verringern und nachhaltige Entwicklung fördern, wenn er gerechter und transparenter wird, damit auch die Menschen am Anfang der Lieferkette ein Leben in Würde führen können.