Schauspieler Ekkehart Voigt spielte alle Figuren der bekannten Tragödie
„Ich durchlebe jedes Stück immer wieder neu und es ist immer wieder spannend und anders!“ Mehr als 300-mal hat Schauspieler Ekkehart Voigt das Drama „Faust – Der Tragödie erster Teil“ von Johann Wolfgang von Goethe (28.08.1749 – 22.03.1832) als Ein-Mann-Inszenierung auf die Bühne gebracht und doch sei jede Aufführung anders, berichtet der Schauspieler, als er im Anschluss an seine Darstellung mit den Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 13 des „Beruflichen Gymnasiums“ (BG) der Wilhelm-Knapp-Schule (WKS) Weilburg – für die der „Faust“ abiturrelevant ist – über das Stück und die Darbietung diskutiert. Gemeinsam mit Fachoberschülern und Studierenden der Fachschule hatten die angehenden Abiturienten der Stufen 12 und 13 in der Schulaula des beruflichen Bildungszentrums eine Inszenierung der Tragödie erlebt, in der Ekkehart Voigt alle Figuren des Dramas verkörperte.
Eingebettet wird die Aufführung in eine Rahmenhandlung, in der der Darsteller diabolisch die Figur eines Lehrers an der „Schule für Höhere Teufelei“ verkörpert, und die Zuschauer übernehmen (unfreiwillig) die Rolle der Schüler dieser Bildungsstätte, die in das Teufelshandwerk eingeführt werden sollen, wobei Goethes „Faust“ als herausragendes „Lehr- und Anschauungsmaterial“ dient. Dabei springt der freiberufliche Theatermacher immer wieder zwischen der Darstellung des Teufelslehrers und der Dramenhandlung hin und her, so dass seine Darbietung auf verschiedenen Ebenen angesetzt ist.
Schwarzgekleidet betrat Ekkehart Voigt mit diabolischem Blick als Teufelslehrer die Bühne und führte am Beispiel von Goethes Meisterwerk die anwesenden Lehrlinge in die Kunst der Menschenverführung ein: „Hier lernt ihr, wie die Menschen ticken. Manipulation und das Entfachen von Gier bilden die Grundlagen für die gehobene Teufelslaufbahn!“ So kündigte der Weilmünsterer Theatermacher seine Inszenierung der Tragödie an.
Mit nur wenigen Requisiten ausgestattet, stellte der Schauspieler im Alleingang die einzelnen Handlungsfiguren – allen voran den Protagonisten Faust, den verschlagenen Mephisto, das zarte verführte Gretchen und dessen Nachbarin Marthe Schwerdtlein – des berühmten klassischen Dramas dar. Dies gelang dem Mimen allein durch Variationen in seiner Tonlage sowie Veränderungen der Körperhaltung, Mimik und Gestik, so dass den jungen Zuschauerinnen und Zuschauern jederzeit deutlich wurde, welche Person gerade sprach oder agierte. Auch die Interaktion mit dem Publikum spielte bei der Darstellung eine zentrale Rolle. So unterbrach Ekkehart Voigt zwischenzeitlich sein Spiel und bezog immer wieder die Schülerinnen und Schüler ein; sei es, dass er Fragen zum Stück bzw. dem weiteren Inhalt an die Jugendlichen richtete, ihnen einzelne Handlungsschritte näher erläuterte oder sie beauftragte, die nächste Szene gestenreich anzukündigen. Dabei verließ der Schauspieler auch mehrmals die Bühne und begab sich mitten unter die Besucher.
Der teuflische Pakt zwischen Faust und Mephisto – mit all seinen dramatischen Konsequenzen – wurde den Jugendlichen in kurzweiliger und unterhaltsamer Art und Weise dargeboten und dadurch auch verdeutlicht, dass das anspruchsvolle Goethestück durchaus voller Situationskomik steckt. Langanhaltender Applaus war die Belohnung für eine eindrucksvolle Inszenierung und das intensive Spiel von Ekkehart Voigt vom „Theater Als Ob“, das im Weinbacher Ortsteil Edelsberg angesiedelt ist und die Inszenierung auf die Bühne brachte.
Im Anschluss an die Aufführung wechselte Ekkehart Voigt zunächst seine Kleidung und wirkte als Privatperson auf einmal ganz anders als der einschüchternde Teufelslehrer, den er noch kurz zuvor verkörpert hatte. In einer Diskussionsrunde stand der Schauspieler dem jungen Publikum nun als Ansprechpartner zur Verfügung und gab Erläuterungen zu dem Drama bzw. seiner Inszenierung des Stückes. Auch beantwortete es ausführlich Fragen und stellte sich der Kritik der Anwesenden. In dieser Gesprächsrunde erfuhren die Gymnasiasten, dass Ekkehart Voigt erst mit Mitte 20 zur Schauspielerei kam und im Alter von 30 Jahren Medienwissenschaft studierte.
Initiatorin dieses etwas anderen Deutschunterrichts war Oberstudienrätin Dr. Astrid Eisbrenner, die an der WKS im Bereich des BG neben dem Fach Deutsch auch „Darstellendes Spiel“ unterrichtet. Das Theaterstück passte perfekt in den Unterrichtsrahmen, da die Darstellung den Schülerinnen und Schülern einen besonderen Zugang zu dem anspruchsvollen Dramentext bot, dessen Behandlung in der Jahrgangsstufe 13 verbindlicher Bestandteil des Curriculums der gymnasialen Oberstufe ist.